Sachverhalt:
Die Stadt Staßfurt
hat mit Beschluss vom 18. März 2010 (Vorl. 167/2010) eine Entscheidung zum
zukünftigen Umgang mit „DDR-Garagen“ auf städtischen Grundstücken beschlossen.
An diesem Maßstab
hat sich die Umland-Wohnungsbaugesellschaft mbH als kommunales Unternehmen in
Privatrechtsform in keiner Weise orientiert und stattdessen eine
Unternehmenspolitik mit der „Brechstange“ eingeleitet, die zwangsläufig den
Unmut der Betroffenen hervorrufen musste.
Die Entscheidung über den Entzug der Garage
bei den bisherigen Eigentümern und Nutzern trägt aufgrund der eingereichten
Petition und dem berechtigten Anliegen der Nutzer eine politisch-moralische
Dimension, die deshalb die geschäfts- und kommunalpolitische Grundlage der
Umland-Wohnungsbaugesellschaft mbH berührt.
Die Umland-Wohnungsbaugesellschaft mbH als
Grundstückseigentümer kann auf der Grundlage des Schuldrechtsanpassungsgesetzes
(SchuldRAnpG) bestehende Verträge unter bestimmten Bedingungen kündigen, muss
es aber nicht. So kann die Eigentümerebene (Stadtrat) über die
Gesellschafterversammlung sehr wohl die Grundsätze der Unternehmenspolitik
festlegen.
Am 22.02.2011 ist dem Oberbürgermeister die
Petition der Bürgerinitiative gegen die Enteignung von Garagen übergeben
worden.
Mit dieser
Petition hat sich die Bürgerinitiative an den Stadtrat und den
Oberbürger-meister gewandt und bittet um Unterstützung in der Klärung von
Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Kündigung von Bodennutzungsverträgen im
Ortsteil Löderburg durch die Umland-Wohnungsbaugesellschaft mbH. Die Mitglieder
der Bürgerinitiative wehren sich gegen die seitens der Umland
Wohnungsbaugesellschaft mbH ausgesprochenen Kündigungen der Bodennutzungs- und
Pachtverträge in Löderburg, weil sie diese Kündigungen, die zunächst ohne
Angabe von Gründen ausgesprochen wurden, als eine Art Willkür ansehen.
Für die in der Petition geäußerten Positionen
und Forderungen hat der Stadtrat der Stadt Staßfurt Verständnis, da eine
andere, kunden- und bürgerfreundliche Regelung durch die Gesellschafter und den
Geschäftsführer hätte initiiert werden können.
Natürlich ermöglicht das
Schuldrechtsanpassungsgesetz (SchuldRAnpG), das vom 4. Oktober 2015 an der
Bodennutzungsvertrag vom Grundstückseigentümer nach Maßgabe der allgemeinen
Bestimmungen gekündigt werden kann (§ 23 Abs. 4 SchuldRAnpG).
Die Betonung liegt hier auf „kann“, er muss es
nicht. Der Grundstückseigentümer wird durch das Gesetz also nicht dazu
gezwungen, sondern er hat ein Ermessen.
Die Stadt Staßfurt hält an der
Umland-Wohnungsbaugesellschaft mbH eine Beteiligung in Höhe von 40,89 % des
Stammkapitals. Für ihren oder ihre Vertreter in der Gesellschafterversammlung
hat der Stadtrat als Hauptorgan und Vertretung der Einwohner die Zuständigkeit
und Befugnis, die Hauptlinie der Stadtpolitik festzulegen. Diese Hauptlinie
kann sie als Miteigentümer der Gesellschaft über ihren Gesellschaftervertreter
in die Gesellschafterversammlung einbringen.
Von diesem Weisungsrecht hat der Stadtrat für
diesen besonderen Fall Gebrauch gemacht, um eine für die betroffenen Einwohner
günstigere Lösung zu erreichen. Mit dem vorliegenden Beschluss entspricht der
Stadtrat der Stadt Staßfurt dem Grundanliegen der Petition und sieht diese für
seine Zuständigkeit damit als erledigt an.
Allerdings muss darauf hingewiesen werden,
dass zur erfolgreichem Umsetzung der Vorgaben aus diesem Beschluss es
erforderlich ist, dass in der Gesellschafterversammlung der Umland-Wohnungsbaugesellschaft
mbH Vertreter aus 4 anderen Gemeinden mit einem weiteren Stimmenanteil von
mindestens 19,12% gleichfalls zustimmen. Der Vertreter der Stadt Staßfurt hat
den Auftrag, bei den anderen Gesellschaftern für die hier beauftragte Lösung zu
werben und um Zustimmung zu bitten.
Die Stadt Staßfurt hofft, dass auch die
anderen Gemeinden mit ihren Gesellschaftervertretern einer für die betroffenen
Bürger günstigeren Lösung zustimmen.
Beschlussvorschlag:
Der Stadtrat der
Stadt Staßfurt beschließt auf der Grundlage des § 119 Abs. 1 Satz 5 GO LSA
folgende Gesellschafterweisung für den stimmberechtigten Vertreter der Stadt
Staßfurt in der Gesellschafterversammlung der Umland-Wohnungsbaugesellschaft
mbH:
a)
Der Gesellschaftervertreter der Stadt Staßfurt
verlangt die unverzügliche, fristgerechte Einberufung der
Gesellschafterversammlung auf der Grundlage des § 50 GmbHG und § 17 Nr. 2 Satz
2 des Gesellschaftsvertrages. Die Befugnisse nach § 50 Abs. 3 GmbHG sind zur
Umsetzung der Einberufung ggf. anzu-wenden.
b)
Der Gesellschaftervertreter der Stadt Staßfurt
wirbt bei den anderen Gesellschaftern (Gemeinderäten) mit ihren
Gesellschaftervertretern aktiv um Zustimmung in der Gesellschafterversammlung
für die hier beauftragte Lösung.
c)
Der stimmberechtigte Vertreter der Stadt Staßfurt
bringt zu dieser Gesellschafterversammlung eine Beschlussvorlage für eine
Weisung/Auftrag (Inhalt nachfolgend) an den Geschäftsführer der
Umland-Wohnungs-baugesellschaft in die Gesellschafterversammlung auf Grundlage
des § 37 Abs.1 GmbHG und § 15 des Gesellschaftsvertrages ein und stimmt diesem
Auftrag in der Gesellschafterversammlung zu:
(Inhalt des
Auftrages)
1.
Der Geschäftsführer wird gegen die
Garageneigentümer auf dem Grund- und Boden der Umland-Wohnungsbaugesellschaft
mbH bei vertragsgemäßer Nutzung der Garage auf der Grundlage von
DDR-Nutzungsverträgen nach Maßgabe der nachfolgenden 6 Punkte keine weiteren
oder erneuten Kündigungen aussprechen; Räumungsklagen sind diesbezüglich zu
unterlassen bzw. zurückzunehmen.
2.
Die Garagen der bisherigen Eigentümer bleiben auch
weiterhin in deren persönlichem Besitz, sofern diese nicht freiwillig auf ein
anderes Vertragsverhältnis eingehen.
3.
Das Nutzungsentgelt für die jeweilige Bodenfläche
orientiert sich an der marktüblichen Höhe, wie ihn die Stadt Staßfurt für Ihre
Garagengrundstücke festgelegt hat.
4.
Es bleibt für jene Vertragspartner, die ihre Garage
weiterhin auf der Grundlage der „DDR-Verträge“ nutzen wollen, hinsichtlich der
Nutzung des Bodens und der Garage bei den Bestimmungen der bis dato geltenden
„DDR-Verträge“ und nachfolgenden Pachtverträge für den Vertragspartner auf
unbefristete Zeit.
5.
Die Verträge, welche nach dem 3.10.1990 zwischen
dem jeweiligen Garageneigentümer und der Umland-Wohnungsbau GmbH unter
Beibe-haltung des Eigentums an der Garage geschlossen wurden, werden als
Änderungsverträge zu den entsprechenden weiterhin gültigen „DDR-Verträgen“
anerkannt.
6.
Garageneigentümer, die gleichzeitig Mieter einer
Hauptwohnung bei der Umland-Wohnungsbau GmbH sind, ist es bei Auflösung des
DDR-Nutzungsvertrages zu ermöglichen, die bisher genutzte Garage oder eine
gleichwertige Ersatzgarage in den Hauptmietvertrag der Wohnung ohne separate
Kündigungsmöglichkeit der Garage aufzunehmen.
7.
Die Vertragsverhältnisse für Grund- und Boden auf
Basis der „DDR-Verträge“ dürfen seitens der Umland-Wohnungsbaugesellschaft mbH
nur gekündigt werden bei:
- Nichtzahlung des Nutzungsentgelts (Zahlungsverzug von mehr als 2 Monatsraten)
- vertragswidriger Nutzung des Grund und Bodens mit der Garage
(Weiter-/Untervermietung, überwiegende Nutzung der Garage als Aufenthaltsraum,
als Hobbywerkstatt oder für gewerbliche Nutzung)- Nichtnutzung der Garage durch
den Vertragspartner bei einer Mindestleerstandsdauer
von 3 Monaten (Leerstand bedeutet: von
allen Mobilien beräumt)
- Nutzung durch eine andere Person als den Vertragspartner, sofern die Person
nicht unmittelbar zur Familie
(Ehepartner, Verwandte 1. Grades) des Vertragspartners gehört.
- beabsichtigter Aufgabe oder Veräußerung der Garage durch den bisherigen
Nutzer
- städtebaulichen Maßnahmen, beschlossen durch das Hauptorgan der jeweils
zuständigen Gemeinde; jedoch ist den Betroffenen ein baulich gleichwertiger
Ersatz in dem von der Maßnahme betroffenen Wohngebiet bzw. Ortsteil anzubieten.