Betreff
Petition Garagennutzung Umland-Wohnungsbau-GmbH
Vorlage
0426/2011
Art
Sachantrag

Sachverhalt:

Die Stadt Staßfurt hat mit Beschluss vom 18. März 2010 (Vorl. 167/2010) eine Entscheidung zum zukünftigen Umgang mit „DDR-Garagen“ auf städtischen Grundstücken beschlossen.

An diesem Maßstab hat sich die Umland-Wohnungsbaugesellschaft mbH als kommunales Unternehmen in Privatrechtsform in keiner Weise orientiert und stattdessen eine Unternehmenspolitik mit der „Brechstange“ eingeleitet, die zwangsläufig den Unmut der Betroffenen hervorrufen musste.

Die Entscheidung über den Entzug der Garage bei den bisherigen Eigentümern und Nutzern trägt aufgrund der eingereichten Petition und dem berechtigten Anliegen der Nutzer eine politisch-moralische Dimension, die deshalb die geschäfts- und kommunalpolitische Grundlage der Umland-Wohnungsbaugesellschaft mbH berührt.

Die Umland-Wohnungsbaugesellschaft mbH als Grundstückseigentümer kann auf der Grundlage des Schuldrechtsanpassungsgesetzes (SchuldRAnpG) bestehende Verträge unter bestimmten Bedingungen kündigen, muss es aber nicht. So kann die Eigentümerebene (Stadtrat) über die Gesellschafterversammlung sehr wohl die Grundsätze der Unternehmenspolitik festlegen.

 

Am 22.02.2011 ist dem Oberbürgermeister die Petition der Bürgerinitiative gegen die Enteignung von Garagen übergeben worden.

Mit dieser Petition hat sich die Bürgerinitiative an den Stadtrat und den Oberbürger-meister gewandt und bittet um Unterstützung in der Klärung von Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Kündigung von Bodennutzungsverträgen im Ortsteil Löderburg durch die Umland-Wohnungsbaugesellschaft mbH. Die Mitglieder der Bürgerinitiative wehren sich gegen die seitens der Umland Wohnungsbaugesellschaft mbH ausgesprochenen Kündigungen der Bodennutzungs- und Pachtverträge in Löderburg, weil sie diese Kündigungen, die zunächst ohne Angabe von Gründen ausgesprochen wurden, als eine Art Willkür ansehen.

 

Für die in der Petition geäußerten Positionen und Forderungen hat der Stadtrat der Stadt Staßfurt Verständnis, da eine andere, kunden- und bürgerfreundliche Regelung durch die Gesellschafter und den Geschäftsführer hätte initiiert werden können.

Natürlich ermöglicht das Schuldrechtsanpassungsgesetz (SchuldRAnpG), das vom 4. Oktober 2015 an der Bodennutzungsvertrag vom Grundstückseigentümer nach Maßgabe der allgemeinen Bestimmungen gekündigt werden kann (§ 23 Abs. 4 SchuldRAnpG).

Die Betonung liegt hier auf „kann“, er muss es nicht. Der Grundstückseigentümer wird durch das Gesetz also nicht dazu gezwungen, sondern er hat ein Ermessen.

Die Stadt Staßfurt hält an der Umland-Wohnungsbaugesellschaft mbH eine Beteiligung in Höhe von 40,89 % des Stammkapitals. Für ihren oder ihre Vertreter in der Gesellschafterversammlung hat der Stadtrat als Hauptorgan und Vertretung der Einwohner die Zuständigkeit und Befugnis, die Hauptlinie der Stadtpolitik festzulegen. Diese Hauptlinie kann sie als Miteigentümer der Gesellschaft über ihren Gesellschaftervertreter in die Gesellschafterversammlung einbringen.

Von diesem Weisungsrecht hat der Stadtrat für diesen besonderen Fall Gebrauch gemacht, um eine für die betroffenen Einwohner günstigere Lösung zu erreichen. Mit dem vorliegenden Beschluss entspricht der Stadtrat der Stadt Staßfurt dem Grundanliegen der Petition und sieht diese für seine Zuständigkeit damit als erledigt an.

Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass zur erfolgreichem Umsetzung der Vorgaben aus diesem Beschluss es erforderlich ist, dass in der Gesellschafterversammlung der Umland-Wohnungsbaugesellschaft mbH Vertreter aus 4 anderen Gemeinden mit einem weiteren Stimmenanteil von mindestens 19,12% gleichfalls zustimmen. Der Vertreter der Stadt Staßfurt hat den Auftrag, bei den anderen Gesellschaftern für die hier beauftragte Lösung zu werben und um Zustimmung zu bitten.

Die Stadt Staßfurt hofft, dass auch die anderen Gemeinden mit ihren Gesellschaftervertretern einer für die betroffenen Bürger günstigeren Lösung zustimmen.

 

 


Beschlussvorschlag:

Der Stadtrat der Stadt Staßfurt beschließt auf der Grundlage des § 119 Abs. 1 Satz 5 GO LSA folgende Gesellschafterweisung für den stimmberechtigten Vertreter der Stadt Staßfurt in der Gesellschafterversammlung der Umland-Wohnungsbaugesellschaft mbH:

a)     Der Gesellschaftervertreter der Stadt Staßfurt verlangt die unverzügliche, fristgerechte Einberufung der Gesellschafterversammlung auf der Grundlage des § 50 GmbHG und § 17 Nr. 2 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages. Die Befugnisse nach § 50 Abs. 3 GmbHG sind zur Umsetzung der Einberufung ggf. anzu-wenden.

b)     Der Gesellschaftervertreter der Stadt Staßfurt wirbt bei den anderen Gesellschaftern (Gemeinderäten) mit ihren Gesellschaftervertretern aktiv um Zustimmung in der Gesellschafterversammlung für die hier beauftragte Lösung.

c)      Der stimmberechtigte Vertreter der Stadt Staßfurt bringt zu dieser Gesellschafterversammlung eine Beschlussvorlage für eine Weisung/Auftrag (Inhalt nachfolgend) an den Geschäftsführer der Umland-Wohnungs-baugesellschaft in die Gesellschafterversammlung auf Grundlage des § 37 Abs.1 GmbHG und § 15 des Gesellschaftsvertrages ein und stimmt diesem Auftrag in der Gesellschafterversammlung zu:

(Inhalt des Auftrages)

1.      Der Geschäftsführer wird gegen die Garageneigentümer auf dem Grund- und Boden der Umland-Wohnungsbaugesellschaft mbH bei vertragsgemäßer Nutzung der Garage auf der Grundlage von DDR-Nutzungsverträgen nach Maßgabe der nachfolgenden 6 Punkte keine weiteren oder erneuten Kündigungen aussprechen; Räumungsklagen sind diesbezüglich zu unterlassen bzw. zurückzunehmen.

2.      Die Garagen der bisherigen Eigentümer bleiben auch weiterhin in deren persönlichem Besitz, sofern diese nicht freiwillig auf ein anderes Vertragsverhältnis eingehen.

3.      Das Nutzungsentgelt für die jeweilige Bodenfläche orientiert sich an der marktüblichen Höhe, wie ihn die Stadt Staßfurt für Ihre Garagengrundstücke festgelegt hat.

4.      Es bleibt für jene Vertragspartner, die ihre Garage weiterhin auf der Grundlage der „DDR-Verträge“ nutzen wollen, hinsichtlich der Nutzung des Bodens und der Garage bei den Bestimmungen der bis dato geltenden „DDR-Verträge“ und nachfolgenden Pachtverträge für den Vertragspartner auf unbefristete Zeit.

5.      Die Verträge, welche nach dem 3.10.1990 zwischen dem jeweiligen Garageneigentümer und der Umland-Wohnungsbau GmbH unter Beibe-haltung des Eigentums an der Garage geschlossen wurden, werden als Änderungsverträge zu den entsprechenden weiterhin gültigen „DDR-Verträgen“ anerkannt.

6.      Garageneigentümer, die gleichzeitig Mieter einer Hauptwohnung bei der Umland-Wohnungsbau GmbH sind, ist es bei Auflösung des DDR-Nutzungsvertrages zu ermöglichen, die bisher genutzte Garage oder eine gleichwertige Ersatzgarage in den Hauptmietvertrag der Wohnung ohne separate Kündigungsmöglichkeit der Garage aufzunehmen.

7.      Die Vertragsverhältnisse für Grund- und Boden auf Basis der „DDR-Verträge“ dürfen seitens der Umland-Wohnungsbaugesellschaft mbH nur gekündigt werden bei:
- Nichtzahlung des Nutzungsentgelts (Zahlungsverzug von mehr als 2 Monatsraten)
- vertragswidriger Nutzung des Grund und Bodens mit der Garage (Weiter-/Untervermietung, überwiegende Nutzung der Garage als Aufenthaltsraum, als Hobbywerkstatt oder für gewerbliche Nutzung)- Nichtnutzung der Garage durch den Vertragspartner bei einer Mindestleerstandsdauer
   von 3 Monaten (Leerstand bedeutet: von allen Mobilien beräumt)
- Nutzung durch eine andere Person als den Vertragspartner, sofern die Person nicht   unmittelbar zur Familie (Ehepartner, Verwandte 1. Grades) des Vertragspartners gehört.
- beabsichtigter Aufgabe oder Veräußerung der Garage durch den bisherigen Nutzer
- städtebaulichen Maßnahmen, beschlossen durch das Hauptorgan der jeweils zuständigen Gemeinde; jedoch ist den Betroffenen ein baulich gleichwertiger Ersatz in dem von der Maßnahme betroffenen Wohngebiet bzw. Ortsteil anzubieten.